Zum Tod von Ansgar Rank

(19. August 1938 – 17. Dezember 2020)

1. Texte
Nachruf von Heiner Steckel

Nun ist es schon etwas über ein Jahr her, daß Ansgar Rank im Alter von 82 Jahren kurz vor Weihnachten 2020 von uns gegangen ist.

Er hatte sich noch einer Notoperation unterziehen müssen, und diesen Schritt zu gehen, hatte er noch mit mir am Telefon besprochen. Er war sich nicht sicher, ob er es wirklich wollte. Den Eingriff hatte er dann zunächst gut überstanden, und dann hat sich sein Organismus doch entschieden zu gehen.

In Absprache mit seinem Sohn Manuel, in dessen Familie Ansgar liebevoll aufgenommen und betreut war, habe ich Freunde, Wegbegleiter, ehemalige Teilnehmer und Klienten informiert, soweit es mir möglich war.

Dem Wunsch der Familie entsprechend, und auch Corona-bedingt, gab es keine Trauerfeier.

Nun möchte ich in dieser Form noch einmal an Ansgar Rank erinnern und so vor allem seine Bedeutung für die Bioenergetik und unser Institut das NIBA würdigen.

Für mich persönlich war Ansgar von so entscheidender Bedeutung, daß ich es kaum in Worte fassen kann.

Durch ihn habe ich im Alter von 17 Jahren - und das war vor 51 Jahren - am Jugendhof Vlotho den ersten Kontakt mit der Bioenergetik erlebt, was meinen persönlichen und meinen beruflichen Weg entscheidend bestimmt hat.

Als ich Ansgar kennenlernte war er als Dominikanerpater, somit als Vertreter der katholischen Kirche, als Dozent am Jugendhof Vlotho tätig.

Nachdem er schon mehrere Jahre Elemente der Bioenergetik in seine „Psycho-zoziale Trainingsarbeit“ am Jugendhof integriert hatte, hat er an der ersten offiziellen IIBA Ausbildungsgruppe in den Niederlanden teilgenommen. Zusammen mit Jan Velseboer, der das holländische Institut gegründet hat, und Cäsar Schwieger hat er dann die erste IIBA Ausbildungsgruppe in Deutschland organisiert und im Jahre 1978 das Norddeutsche Institut für Bioenergetische Analyse e.V. ( unser NIBA ) mit begründet.

Ihm ist es zu verdanken, daß wir als Verein einen guten Start hinlegen konnten. Durch ihn vermittelt, hatten wir den Jugendhof Vlotho als Ort für die Ausbildungsveranstaltungen wie auch als Vereinssitz, und hatten über viele Jahre die entsprechende organisatorische Unterstützung der Bildungsstätte Jugendhof und seiner für uns in Nebentätigkeit wirkenden Sekretärinnen.

Oft wurde der Jugendhof Vlotho damals auch als Wiege der Bioenergetik in Deutschland bezeichnet - und das war Ansgar’s Wirken als Trainer, Therapeut und Organisator von bioenergetischen workshops zu verdanken.

Ihm war es wichtig, die Bioenergetik nicht nur als Therapiemethode zu vermitteln, sondern in Pädagogik und die gesamte Jugendhilfe einzubinden, also alles, was mit Arbeit am und mit Menschen, mit Selbstentfaltung und Prävention zu tun hat.

In diesem Sinne hat er jahrzehntelang entsprechende Kurse und Fortbildungen durchgeführt. So haben unzählige Menschen den bioenergetischen Ansatz kennengelernt, in ihre Arbeitsfelder integriert, und einige haben dann auch die entsprechende Therapieausbildung am NIBA gemacht. Und diejenigen, die sich nach der Nachricht von Ansgar’s Tod, an mich gewandt haben, haben vor allem seine Bedeutung für ihre ganz persönliche Entwicklung betont.

Ansgar selbst hat sich mir gegenüber einmal als vitalen Spätentwickler bezeichnet, - wofür er der Bioenergetik sehr dankbar war.

Das hat ihn auch dazu geführt, das Priesteramt und die Ordenszugehörigkeit aufzugeben.

Er war zweimal verheiratet und hinterlässt seinen Sohn Manuel aus erster Ehe - und zwei Enkel.

Nach seinem 1.Schlaganfall hat sich Ansgar schon vor Jahren weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und war dann zunehmend auch betreuungsbedürftig. Er war dann im hohen Alter und bei deutlich eingeschränkter Selbstständigkeit noch mit dem Tod seiner zweiten Frau Dietlinde konfrontiert.

Was die Geschichte des NIBA anbelangt, das in seinen Anfängen so eng mit Ansgar verbunden war, so gab es einen Moment, wo vielleicht auch der Fortbestand des Instituts ihm zu verdanken ist. Als sich im dritten Jahr unserer Existenz die Gründerväter so zerstritten hatten, dass eine weitere Zusammenarbeit im Vorstand unmöglich war, ist Ansgar zurückgetreten und als einziger als einfaches Mitglied im Verein geblieben.

Ich erinnere mich noch genau an seine Worte : „Wenn wir Alten - die Gründerväter - es nicht schaffen, diesen Konflikt zu lösen, dann haben wir das Recht verwirkt, dieses Institut zu leiten. Ich stehe Euch gerne weiter zur Verfügung, aber die Leitung übernehmt ihr jetzt besser selbst.“ Die Satzung ließ dies zu und so wurde das NIBA dann zunächst durch AusbildungskandidatInnen im Vorstand geleitet.

Ansgar war noch Jahre als Lehrtherapeut, Supervisor und lokaler Trainer tätig, bevor er sich dann auch vom NIBA formal verabschiedet hat, weil er nicht mehr mit allen berufspolitischen und einigen Richtlinien der Ausbildung ausreichend übereinstimmte.

Ansgar hat zusammen mit seiner Frau Dietlinde - als Illustratorin zwei Bücher veröffentlicht:

Schau auf deinen Körper und fühle, wer du bist , Kreuzverlag 1994 und

Sexappeal - Erotik und Sexualität aus bioenergetischer Sicht, Walter, 1996

Immer mal wieder werde ich darauf angesprochen, vor allem von denjenigen, die ihn noch leibhaftig-bioenergetisch tätig erlebt haben : „Ich lese - sehe die Zeichnungen - und sehe und höre ihn vor mir sitzen“

Ich empfehle die beiden Bücher sehr und zitiere aus den Vorbemerkungen des 1. Buchs aus dem Jahre 1994, weil sich hier das Bioenergetische Verständnis und die persönliche Herangehensweise dieses Pioniers der Bioenergetik in Deutschland so gut darstellt.

Ansgar Rank:

„Leider ist es so, daß viele Menschen sich nicht mit ihrer Lebendigkeit zur Verkörperung bringen, sondern ihr Gefühl hinter geschönten Fassaden oder imageträchtigen Masken verborgen halten. Die äußerliche Lebenskraft läßt manchmal wenig von dem erahnen, was an lebendigen Kräften hintergründig am Werk ist. Aufgabe der Charakterarbeit ist es, immer wieder aktuell zu überprüfen, inwieweit die „Errungenschaften“ aus früheren Tagen heute noch erhaltenswert sind. Es ist notwendig, alle Haltungen, die jemals im Leben bezogen wurden, auf den Prüfstand zu stellen und sie zu hinterfragen, inwieweit sie noch dem Leben dienlich oder als Relikte überholt sind. Zu entdecken gilt, daß es nicht nur widrige Umstände sind, sondern auch selbstbezogene Haltungen und verinnerlichte Maßnahmen, die sich zum Gegenspieler gegen das Leben aufschwingen können.

Dieses Buch wendet sich an alle, die der Lebendigkeit zum Durchbruch verhelfen wollen, was nur zu haben ist, wenn man auch bereit ist, Verkrustungen aufzubrechen und Blockierungen beiseite zu räumen.

Das Buch läßt sich von zwei Fragestellungen her gut durchforsten:

1. Was steckt in mir und gehört entbunden? 2. Was ist mit mir los?

Lassen Sie sich von der Antwort inspirieren: „Alles, was nicht angebunden ist“, dann wird es Ihnen Spaß machen, hinter dem Gebundenen das Ungebundene, hinter Blockaden das Dynamische, hinter den Staus das wuchtige Gefühl, hinter den Krämpfen die freiheitlichen Strebungen und hinter den Hemmungen die ungebremste Lebenskraft aufzuspüren. Das Leben ist Prozeß.

Die schwunghafte Komponente liegt leider nicht immer so offen zutage, wie es wünschenswert wäre, aber sie kann wiederentdeckt und zu weiterer Entfaltung gebracht werden. Lassen Sie den Körper mehr sein als nur ein Objekt der Eitelkeiten oder als Nistplatz von Beschwerden. Lernen Sie von ihm, wie sich Ihr weiteres Leben gestalten läßt. Das Buch zeigt Ihnen, wie Sie dem körperlichen Erscheinungsbild Hinweise Ihrer Lebensgeschichte entnehmen können, ohne einem anklagenden Selbstmitleid verfallen zu müssen.

Entwickeln Sie Neugierde, und spüren Sie im Körper den Lebenserfahrungen nach, seien sie von Wohl und Wehe, Liebe und Leid oder von Lust und Frust bestimmt.“ Kreuzverlag Stuttgart, 1994

Lieber Ansgar - herzlichen Dank für alles.

Dein Heiner